Archiv: Hauptstadt Berlin - Dokumentation der Arbeitsphasen
1. Planungsrecht
Nach dem Bundesbaugesetz vollzieht sich die "Bauleitplanung" der Städte und Gemeinden in zwei Stufen: dem Flächennutzungsplan und dem Bebauungsplan. Im Flächennutzungsplan geht es um die bestmögliche räumliche Zuteilung von Flächen für unterschiedliche Nutzungen - zum Beispiel für Wohnen, Arbeiten, Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, Erholung. Der Bebauungsplan setzt die Flächen für die unterschiedlichen Nutzungen (Bauflächen, Straßenflächen, Grünflächen) rechtlich fest. Für die bebaubaren Flächen werden Kriterien wie Baulinien, Baugrenzen, Anzahl der Vollgeschosse bis hin zu Gebäudehöhen verbindlich vorgegeben. Bei Bedarf werden darüber hinaus Gestaltungsvorgaben festgesetzt: z.B. Materialien, Farben, Orte für Werbung.
Der Bebauungsplan basiert auf den Ergebnissen städtebaulicher Studien und Wettbewerbe und wird in öffentlichen Verfahren diskutiert. Bevor er verabschiedet wird, sind verschiedene Vorbereitungen nötig. Gestalterische Leitideen werden entwickelt und konkretisiert. Weiterhin können Gutachten bestellt werden, um beispielsweise Vorgaben für die Straßenraumgestaltung, die Wertigkeit der Grünanlagen zu prüfen oder die Belange der Geschlechter einzubeziehen. Technische Gutachten überprüfen den Lärmschutz und die Auswirkungen der Bautätigkeiten auf das Stadtklima. Mit dem "Energiekonzept Spreebogen" wurde eine innovative und ökologische Energieversorgung der Regierungs und Parlamentsbauten vorbereitet, untersucht und realisiert.
Im Entwicklungsbereich sind zügig Bebauungspläne aufzustellen und festzusetzen, sie wurden in allen wichtigen Bereichen frühzeitig eingeleitet und durchgeführt. Bereits vor Festsetzung des Entwicklungsbereiches, aber in Folge der vorbereitenden Untersuchungen, ist die Aufstellung von Bebauungsplänen für den größten Teil des Gebietes (Moabiter Werder, Spreebogen, Wilhelmstraße) beschlossen worden. Den Verfassungsorganen des Bundes ist im Baugesetzbuch bei der Aufstellung von Bebauungsplänen das Recht eingeräumt, dass ihren Erfordernissen besonders Rechnung getragen wird. Sollte Berlin den Wünschen nicht folgen, wird der Konfliktfall im Gemeinsamen Ausschuss Bund / Berlin erörtert. Kommt es zu keiner Übereinstimmung, kann der Bund seine Erfordernisse durchsetzen. Allerdings wurde diese Möglichkeit aufgrund der guten Absprachen nicht angewandt.
Bebauungspläne im Entwicklungsbereich
(Verfahrensstand 12. Juli 2006)
Übersicht über die Geltungsbereiche
Bebauungsplan Pariser Platz
Am Beispiel des Bebauungsplans I-200 Pariser Platz soll das Bebauungsplanverfahren erläutert werden.
Der Pariser Platz mit dem Brandenburger Tor ist einer der stärksten Identifikationspunkte der Stadt. Durch die Mauer wurde das Brandenburger Tor zum Symbol für die Teilung Europas. Der Fall der Mauer im Herbst 1989 hat das Wahrzeichen der Stadt zum Sinnbild der Einheit werden lassen. Keinem Ort in Berlins historischer Stadtmitte wurde in den Jahren nach dem Mauerfall so viel Aufmerksamkeit gewidmet.
Der Bedeutung des Ortes angemessen sollte auch die Planung in einem rechtlich geregelten Verfahren durchgeführt werden. Bereits am 31.10.1992 wurde durch den Aufstellungsbeschluss das Bebauungsplanverfahren begonnen. Der Gemeinsame Ausschuss von Bund/Berlin beschloss 1993, den Pariser Platz in seiner historischen Form wieder aufzubauen.
Im Rahmen der frühzeitigen Bürgerbeteiligung vom 1.12. bis 23.12.1993 wurden die Planungsvorstellungen des Landes Berlins öffentlich dargelegt. Fachöffentlichkeit, Politiker und Bürger diskutierten das zukünftige Erscheinungsbild des Platzes. In zahlreichen Architekturgesprächen, Gutachten und Medienberichten wurden Grundsatzfragen, Planungsziele und bauliche Festlegungen erörtert. Die zum Teil heftig geführten Diskussionen kreisten vor allem um die Gestaltungsregelungen. Anfänglich waren die Positionen sehr konträr. Sie reichten von der Forderung nach einer originalgetreuen Rekonstruktion der historischen Gebäude bis zu einem völligen Verzicht auf Regularien. Aber nicht nur die Öffentlichkeit diskutierte den Plan heftig, auch alle betroffenen Institutionen wurden - wie in jedem Bebauungsplanverfahren - im Rahmen der Behördenbeteiligung vom 8.8. bis 10.10.1994 beteiligt und haben ihre Einwände vorgebracht. Abschließend konnte sich jedermann in der öffentlichen Auslegung des Plans vom 27.3. bis 28.4.1995 zu Wort melden.
Ergebnis der kontroversen Debatten waren Gestaltungsrichtlinien, die eigens für diesen sensiblen Ort entwickelt und im Bebauungsplan verankert wurden. Bei diesen ging es vor allem um die Wiederherstellung des Platzraumes. Auch über die zukünftige Nutzung bestand weitgehend Einigkeit. Am Platz sollten Botschaften an ihren historischen Standorten, ein Hotel sowie Büro- und Geschäftsbauten und die Akademie der Künste untergebracht werden, eine Nutzungsmischung, die dem historischen Vorbild von Berlin entsprach.
Der vom Abgeordnetenhaus am 22.6.1995 rechtsverbindlich beschlossene Bebauungsplan sieht eine Wiederaufnahme der historischen Stadtfluchten, der geschlossenen Blockkanten und der Parzellenstruktur vor. Die Höhenbegrenzungen der Gebäude beziehen sich in Maßstab und Proportion auf das Brandenburger Tor. Sie konnten aus dem Vorkriegszustand des Platzes abgeleitet werden.
Alle Entwürfe für die Neubauten wurden an den Vorgaben des Bebauungsplans gemessen und mussten gegebenenfalls angepasst werden. Für nahezu alle Gebäude wurde ein Wettbewerb durchgeführt, der auch die Einhaltung der Gestaltungsrichtlinien zur Bedingung machte. Zunächst empfanden die Architekten die Vorgaben als unzumutbares Korsett. Später haben sie die Regeln als eine besondere Herausforderung angenommen. Die mittlerweile realisierten Projekte zeigen, dass innerhalb der Vorgaben und Gestaltungsrichtlinien ausreichend Platz für die individuelle Handschrift der Baumeister war.
Der Bebauungsplan wurde am 25. Januar 1996 festgesetzt und ist damit rechtsverbindlich und gilt wie ein örtliches Gesetz. Für die Ansiedlung der amerikanischen Botschaft musste er noch einmal geändert werden, da der Sicherheitsabstand die Einhaltung der ursprünglich geplanten Lage des Gebäudes nicht mehr gewährleisten konnte. Um es zurückversetzen zu können, wurde der Plan vom 14.7. bis 15.8.2003 noch einmal der Öffentlichkeit vorgestellt und mit den Änderungen am 13.11.2003 vom Abgeordnetenhaus beschlossen. So konnte der Schlussstein des Pariser Platzes gebaut werden und damit ist das neue "Quarée" komplett.
Bebauungsplan I-200 Pariser Platz
1995 - Bebauungsplangebiet Pariser Platz
Foto: Luftbildarchiv Berlin
2004 - Pariser Platz
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