Gendarmenmarkt mit Schmuck-
pflanzungen, um 1895 (Postkarte);
Quelle: hdl.loc.gov/loc.pnp/
ppmsca.00346
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und bis zur Jahrhundertwende vollzog sich eine durchgreifende Veränderung der Platzrandbebauung. Viele der anliegenden Häuser wurden im Rahmen des gründerzeitlichen Aufschwungs aufgestockt, umgebaut oder abgebrochen und durch deutlich größere und prächtigere Neubauten ersetzt. Es entstanden vornehmlich Geschäftshäuser, Bank- und Bürogebäude, die zu Veränderungen der Stadtgestalt wie auch der Bevölkerungsstruktur rund um den Gendarmenmarkt führten.
In dieser Zeit wurden die inzwischen reparaturbedürftigen Kirchenbauten instandgesetzt und dabei auch im äußeren Erscheinungsbild verändert. 1881 wurde zunächst die Deutsche Kirche unter Hermann von der Hude (1830-1908) auf altem Grundriss neu errichtet. Während die Gestaltung der Außenfassaden unverändert übernommen wurde, stattete man den Innenraum in neobarocken Formen aus und überwölbte das Gotteshaus mit einem weithin sichtbaren Kuppeldach. 1904 erfolgte unter Otto March (1845-1913) der Umbau der Französischen Kirche, die in ihrer äußeren Gestalt nur wenig verändert wurde. Der Dreiecksgiebel an der zur Charlottenstraße gerichteten Westfront stellt die wohl auffälligste architektonische Neuerung dar.
Die städtebaulichen Veränderungen sowie die geänderten Nutzungen der umliegenden Bauten und die teilweise damit verbundenen gesellschaftlichen Umwälzungen in der Bewohnerschaft ließen bereits 1853 die Forderung nach Baumpflanzungen und gärtnerischen Anlagen auf dem Gendarmenmarkt laut werden. Im März des Jahres wurde in einem "Circular im Gensdarmenmarkt-Bezirk" aufgerufen, eine Verschönerung "durch Park-Anlagen, event. Linden-Alleen (...) um den ganzen Platz, vielleicht auch Lindenlauben: unbeschadet des Marktverkehrs" zu unterstützen. Dieser auch in finanzieller Hinsicht an die Anrainer gerichtete Aufruf blieb jedoch ohne Folgen.
Schiller-Denkmal und Schmuckanlagen auf dem Gendarmenmarkt, um 1880;
Quelle: Landesarchiv Berlin, F Rep. 290, Nr. 248979
Plan für die Ausgestaltung der Fläche vor dem Schauspielhaus, um 1872;
Quelle: Landesarchiv Berlin, A Rep. 007, Nr. 31
Entwurf Hermann Mächtigs für die Schmuckanlagen auf dem Gendarmenmarkt, um 1895;
Quelle: Landesarchiv Berlin, A Rep. 007, Nr. 31
Platzfläche vor dem Schauspielhaus, um 1920;
Quelle: Landesarchiv Berlin, F Rep. 290, Nr. II 9965
Schmuckpflanzungen vor dem Deutschen Dom, 1899;
Quelle: Landesarchiv Berlin, F Rep. 290, Nr. 74414 / Foto: W. Titzenthaler
Gendarmenmarkt mit reduzierten Schmuckpflanzungen, um 1930;
Quelle: Landesarchiv Berlin, F Rep. 290, Nr. II 10351
Erst im Zusammenhang mit der Aufstellung eines Denkmals für den Dichter Friedrich Schiller sollte es zu einer gärtnerischen Ausschmückung kommen. Anlässlich des 100. Geburtstages wurde am 10. November 1859 vor dem Schauspielhaus ein Grundstein für ein Denkmal gelegt, das nach dem Willen des Denkmalkomitees am 110. Geburtstag Schillers enthüllt werden sollte. An dem darauf hin ausgelobten Wettbewerb beteiligten sich 25 Künstler. Nach längeren Begutachtungen und Diskussionen entschied sich der Magistrat für den Entwurf des Bildhauers Reinhold Begas (1831-1911), den dieser auf Wunsch des Komitees nochmals modifizierte. Wegen des Deutsch-Französischen Krieges verzögerte sich die Enthüllung des Denkmals und konnte schließlich am 10. November 1871 stattfinden. Zum Ende dieses Jahres erfolgte die Benennung des vor dem Schauspielhaus und zwischen Jäger- und Taubenstraße gelegenen Bereiches des Gendarmenmarktes in "Schillerplatz".
Mit der Enthüllung des Schiller-Denkmals war auch die gärtnerische Ausgestaltung des vor dem Schauspielhaus gelegenen Bereiches durch die Berliner Gartenverwaltung realisiert worden. Ein gestrecktes Wegekreuz untergliederte den Platz in vier Dreiecksflächen, die als Rasenstücke angelegt und mit Gehölzgruppen bepflanzt wurden. Das im Zentrum stehende und mit aufwändigem Gitterwerk eingehegte Denkmal führte zu einer starken Betonung der Mittelachse des gesamten Areals. Vor der Freitreppe des Theaters diente ein quer verlaufender Weg zu dessen Erschließung. Die Neugestaltung des Mittelteils verdeutlichte in der damaligen Form die seit Beginn bestehende Dreiteilung des Gendarmenmarktes durch Jäger- und Taubenstraße.
Die die Kirchen umgebenden Pflasterflächen dienten weiterhin zu Marktzwecken, bis im Jahre 1886 der Betrieb in die neu geschaffenen Zentralmarkthallen verlagert wurde. Erst jetzt war die Voraussetzung geschaffen, die Gestaltung des Platzes in seiner Gesamtheit zu überdenken. So legte der damalige Stadtgartendirektor von Berlin, Hermann Mächtig (1837-1909), schließlich im August 1893 einen Entwurf für die gärtnerische Ausgestaltung vor, der kurz darauf zur Ausführung genehmigt und bis 1895 ausgeführt worden ist.
Die inzwischen hoch aufgewachsenen Gehölze vor dem Theater wurden entfernt und ein großzügiger, auf die Freitreppe ausgerichteter Zugangsbereich geschaffen, dessen Zentrum nach wie vor das Schiller-Denkmal bildete. Dieser breite Vorplatz wurde in der Art eines Teppichs von aufwändigen Schmuckpflasterungen gerahmt und beiderseits von lang gestreckten Rasenflächen gefasst. Auf den Rasenspiegeln befanden sich jeweils runde Springbrunnenbecken sowie üppig bepflanzte Blumenbeete. Auf diese Weise entstand ein repräsentativer Platzbereich, hinter dem die Schaufassade des Schauspielhauses voll zur Wirkung kam.
Die Gliederung der Gartenanlagen an den beiden Kirchen berücksichtigte eine Durchwegung aus allen Richtungen, wobei eine Umfahrung jeweils zur Versorgung der Gebäude diente. Vor den Kirchen an der Markgrafenstraße wurden trapezförmig sich erweiternde Rasenteppiche angelegt, die symmetrisch gestaltete Blumenbeete und seitlich angeordnete Strauchgruppen zierten. Die eher organisch und malerisch wirkenden Pflanzflächen verwischten die ungleiche Stellung der Kirchen auf den jeweiligen Platzbereichen.
Lang gestreckte oder linsenförmige Rasenteppiche, die beiderseits einer durch das Gebäude gedachten Symmetrieachse angeordnet waren, umgaben den Deutschen Dom. Höhenmäßig von Ost nach West gestufte Gehölzgruppen lagen locker im Rasen verteilt. Sie umfingen zusammen mit einigen wenigen Bäumen das Bauwerk und bildeten zugleich den räumlichen Abschluss des Platzes nach Westen und Süden. Die Anlagen am Französischen Dom waren nach dem gleichen Prinzip aufgebaut. Bedingt durch die asymmetrische Gebäudelage auf der Platzinsel befand sich ein breiter Rasenstreifen im Norden entlang der Französischen Straße.
Alle Vegetationsinseln wurden von niedrigen Eisenbarrieren eingefasst. Mastleuchten dienten zur nächtlichen Illumination. Hinter den Kirchen befanden sich jeweils zwei Laternen auf kreisrunden Inseln innerhalb der Umfahrung. Während die Umfahrungen aus Asphalt hergestellt wurden, wiesen alle anderen Wege eine farblich abgesetzte Pflasterung auf. Auf den erwähnten Inseln sowie auf Wegeerweiterungen befanden sich Schmuckpflasterungen in Rosettenformen.
Der Gendarmenmarkt präsentierte sich nach der gärtnerischen Ausgestaltung als ein zeittypischer, mit reichen Blumenpflanzungen und handwerklich hervorragenden Zierpflasterungen ausgestatteter Schmuckplatz des ausgehenden 19. Jahrhunderts, der auf die repräsentative Wirkung der Baulichkeiten Bezug nahm. Das Schiller-Denkmal und die hohen Springstrahlen der Brunnenbassins bildeten die Fixpunkte der Gartenanlage.
Die Platzgestaltung erfuhr in der Folgezeit einige Vereinfachungen, die sich vornehmlich auf die Blumenausstattung bezogen. Auch einzelne zu hoch aufwachsende Strauchgruppen wurden entfernt, so dass etwa seit 1920 schlichte, von niedrigen Eisengittern gefasste Rasenflächen das Erscheinungsbild dominierten. Diverse Ruhebänke luden Passanten zum Verweilen ein.