Molkenmarkt
Molkenmarkt im Mittelalter
Molkenmarkt, 1785, im Hintergrund: Petrikirche (Kupferstich von J. G. Rosenberg)
© Landesarchiv Berlin, F Rep. 290 Nr. 0116759
Die mittelalterliche Stadt Berlin hatte eine überschaubare Größe. Vom Mühlendamm im Westen bis zur Stadtmauer neben der Klosterkirche der Franziskaner im Osten konnte die südliche Altstadt Berlins in wenigen Minuten zu Fuß durchquert werden. Während an den Hauptstraßen reges Treiben herrschte, ging es in der Jüden- und Klosterstraße ruhiger zu. Kaufleute und Patrizierfamilien ließen sich auf großen Parzellen am Molkenmarkt oder der Spandauer Straße nieder. In den Quartieren zwischen Jüden- und Klosterstraße waren dagegen auch sehr kleine, beispielsweise von Handwerker*innen genutzte Grundstücke und entsprechende Häuser zu finden. Durchgangsverkehr verlief vom Molkenmarkt aus nur über die Stralauer- und die Spandauer Straße. Letztere führte zum nahe gelegenen Berliner Rathaus an der Ecke der heutigen Rathausstraße und weiter zum Oderberger Tor. Das heutige Rote Rathaus erhebt sich in 750-jähriger Tradition an der gleichen Stelle wie das erste Berliner Rathaus des 13. Jahrhunderts.
An der Klosterstraße lag dicht neben dem in der Mitte des 13. Jahrhunderts gegründeten Franziskanerklosters auch das "Hohe Haus" der askanischen Markgrafen Brandenburgs. Der bei Abbrucharbeiten in den 1930er Jahren freigelegte, heute verschwundene Bau beherbergte die markgräfliche Kanzlei und den temporären Sitz der Herrschenden bei Besuchen in Berlin. Sein geborgenes gotisches Spitzbogenportal steht heute im Märkischen Museum. Das auf einem von den Askanier*innen übertragenen Grundstück errichtete und nach und nach ausgebaute Franziskanerkloster fiel nach der Reformation an die Stadt Berlin. Im Jahr 1574 zog dort das Berliner Gymnasium zum Grauen Kloster ein.
Spandauer Straße, Jüdenstraße und Klosterstraße verlaufen in ihren südlichen Abschnitten in einem bis heute im Stadtgrundriss sichtbaren Bogen, analog zum Verlauf der mittelalterlichen Stadtmauer. Zwischen Mühlendamm und Stadtmauer lebten bis in das 16. Jahrhundert typische Vertreter*innen der mittelalterlichen Gesellschaft: Bürgerliche Kaufleute, Handwerker*innen und Adelige sowie Mönche. Die bürgerliche Wohnbebauung war durch unterschiedlich große Parzellen und ein- bis zweigeschossige Bauten gekennzeichnet, die anfänglich meist in Holz- und Fachwerkbauweise ausgeführt wurden.
Ab dem 14. Jahrhundert wurden die Holzhäuser nicht zuletzt wegen der häufigen Stadtbrände nach und nach durch Steinhäuser ersetzt. Das älteste Steinhaus Berlins, das im Jahr 1888 abgerissene Haus Blankenfelde in der Spandauer Straße, wurde um das Jahr 1280 nach einer Feuerkatastrophe neu errichtet. Die aufwändigen Klosterbauten zeichneten sich durch Backsteinbauten hoher Qualität aus. Die historisch gewachsene Bebauungsstruktur erhielt sich im Wesentlichen bis in die industrielle Zeit um 1850. Altbauten wurden bis dahin nur vereinzelt durch großbürgerliche Stadthäuser ersetzt, wie beispielsweise das Palais Podewils von 1704 in der Klosterstraße oder das nach 1690 errichtete Palais Schwerin am Molkenmarkt. Letzteres wurde 1937 in die Alte Münze integriert, wobei nur die Fassade stehen blieb.
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